"Kreislaufwirtschaft– dafür braucht es Zukunftskunst"

Kreislaufwirtschaft ist mehr als Recycling. Unternehmen, die sich hier engagieren wollen, stellen sich neuartig auf. Mehr noch: Sie suchen ungewöhnliche Kooperationen, entwickeln innovative Geschäftsmodelle. All dies ist bereits im Gange, berichtet Experte Holger Berg vom Wuppertal Institut.
“Kreislauforientiertes Wirtschaften mindert den Ausstoß von Kohlendioxid.”


Holger Berg,
Co-Leiter des Forschungsbereichs Digitale
Transformation in der Abteilung
Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut.
(Bild: Wuppertal Institut)

Wo steht die deutsche Industrie auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft?
Wir stellen fest, dass sich die deutsche Wirtschaft massiv in Richtung Kreislaufwirtschaft auf den Weg gemacht hat. Allerdings stehen wir beispielsweise mit einem Rezyklatanteil von 14 Prozent am eingesetzten Material noch am Anfang.

Wie hängen Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz zusammen?
Zahlreiche Berechnungen weisen darauf hin, dass Kreislaufwirtschaft auch dem Klima nützt. Viele Formen des Recyclings tragen zum Beispiel zu deutlichen CO2-Einsparungen bei.

Welche Kostenvorteile bringt die Kreislaufwirtschaft?
In vielen Fällen ist das Rezyklat günstiger als der Abbau und die Verarbeitung von Primärrohstoffen. Zudem kann die Industrie Eigentümerin knapper Ressourcen bleiben, wenn sie eigene Stoffkreisläufe entwickelt. Nicht zuletzt mindert kreislauforientiertes Wirtschaften ja den Ausstoß von Kohlendioxid. Für klimaschonendes Agieren erhält die Industrie heute spürbaren Druck von außen. Viele Unternehmen sind aber auch von sich aus motiviert.

Die Kostenvorteile gelten nicht in jedem Fall …
Richtig,所以吵架西奇那些价格的皮毛Kunststoffrezyklate am Preis für das Primärmaterial messen lassen. Ist dieser wegen niedriger Ölpreise sehr günstig, hat das Rezyklat es schwer, sich am Markt durchzusetzen. Eine künstliche Verteuerung des Primärmaterials, etwa über eine CO2-Steuer, würde das Rezyklat konkurrenzfähiger machen. In Modellen sehen wir, dass ein solcher Schritt zu einem höheren Rezyklatanteil am insgesamt eingesetzten Material führen kann.
“Die Industrie erhält Druck, klimaschonend zu agieren. Viele Unternehmen sind aber auch von sich aus motiviert.”


Holger Berg,
Co-Leiter des Forschungsbereichs Digitale
Transformation in der Abteilung
Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut.
(Bild: Wuppertal Institut)

Welche Herausforderungen stellen sich im Bereich der Spezialchemie?
Im Business-to-Business-Bereich der Industrie sind die Stoffströme relativ klar und die Eigenschaften der Materialien besser zu gewährleisten – im Unterschied zur gelben Tonne, in der Endverbraucher sehr unterschiedliche Verpackungsmaterialien mit vielen Rückständen entsorgen. Zudem bestehen in der Industrie langjährige, oft vertrauensvolle Lieferbeziehungen, die den Austausch zwischen den Akteuren fördern. Was diese allerdings beschäftigt, ist das Problem von fehlenden Informationen über die Verfügbarkeiten und die Qualitätsnachweise nach Wiederverwendung und Aufbereitung. Im Kunststoffbereich ist zu beachten, dass durch Recycling unter anderem das Entstehen oder Aufkonzentrieren von Schadstoffen möglich ist. Zudem sollten die eingesetzten Verfahren ökologisch und ökonomisch sinnvoll sein. Das chemische Recycling, durch das bislang nicht verwertbare Kunststoffe zum Ausgangsmaterial für neue Kunststoffe werden, ist eine interessante Option, aber noch Zukunftsmusik.

Was wäre ein Beispiel für ein neues, kreislaufbasiertes Geschäftsmodell?
Das zugrunde liegende《solcher Modelle坚持das Anbieten von Leistungen anstelle von Produkten, etwa der Verkauf von Flugstunden durch einen Triebwerkshersteller. Oder das Chemical Leasing, bei dem der Hersteller die Nutzung der Chemikalie verkauft und die ausgedienten Chemikalien zurücknimmt – ebenso wie die Verantwortung für eine umweltgerechte Aufbereitung oder Entsorgung. Auch Pfandsysteme sind Erfolg versprechend. Das gilt nicht nur für das Flaschenpfand, durch das ein funktionierender, sauberer PET-Kreislauf in Deutschland entstanden ist. Auch Baumaschinen werden schon gegen Pfand zur Verfügung gestellt.

Welche Rolle kann die Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft spielen?
Sie kann vor allem helfen, das große Problem des Informationsdefizites zu lösen, indem sie Daten über Qualität, Quantität, Stoffströme und den Lebenszyklus von Produkten liefert und bestimmte Prozesse für Chargen nachweisbar macht. Sensorik und künstliche Intelligenz können zu höherer Reinheit der Stoffströme beitragen. Über Onlinemarktplätze lassen sich neue Geschäftsmodelle verwirklichen.
“Chemical Leasing, Pfandsysteme oder das Anbieten von Produkten als Services, etwa durch Sharing, sind gute Beispiele für kreislaufbasiertes Wirtschaften.”


Holger Berg,
Co-Leiter des Forschungsbereichs Digitale
Transformation in der Abteilung
Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut.
(Bild: Wuppertal Institut)

Was sind die größten Hürden?
Miniaturisierung und steigende Materialvielfalt erschweren die Rückgewinnung. Dieses Problem scheint mir lösbar. Wenn am Ende der Wertschöpfungskette Abnehmer stehen, die rezyklieren wollen, reagieren die Hersteller darauf. Übrigens geht es nicht nur um Recycling: Kreislaufwirtschaft erfordert Langlebigkeit. Man sollte Produkte reparieren und immer wieder auf den neuesten Stand bringen können, Stichwort Update und Upgrade, nicht nur bei teuren Produkten. Davon ist noch nicht jeder überzeugt.


Warum sind erneuerbare Energien in der Kreislaufwirtschaft wichtig?
Erneuerbare Energien sind ein zentraler Baustein für die nachhaltige Entwicklung allgemein. Sie sind insofern eine weitere unabdingbare Komponente, die sich zur Kreislaufwirtschaft dazugesellt. Anders ausgedrückt: Kreislaufprozesse, die mit fossilen Energien betrieben werden, können ihr volles Nachhaltigkeitspotenzial vielfach kaum entfalten. Umgekehrt ergibt es auch keinen Sinn, absolut schädliche Produkte oder Prozesse mit erneuerbaren Energien zu versorgen.


Was ist das wichtigste Handlungsfeld für Industrie und Politik?
Wichtig ist es, einen systemischen Standpunkt einzunehmen. Die aktuellen Herausforderungen, aber auch die Chancen, die in Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung, Klimaschutz und Digitalisierung liegen, hängen zusammen. Die Betrachtung ihrer Wechselwirkung ist genauso wichtig wie die Identifikation von Teillösungen. Denn diese lassen sich oft nur vor dem Gesamtbild auf ihren wahren Wert prüfen. Wir müssen Nachhaltigkeit in Unternehmen und Politik auf der strategischen Agenda verankern und dürfen uns vor mutigem Handeln nicht scheuen. Dafür braucht es die sogenannte „Zukunftskunst“, mit der wir uns am Wuppertal Institut beschäftigen. Die Zukunftskunst ist ein Plädoyer für eine neue Haltung und Perspektive in der Debatte über Nachhaltigkeit und globale Umweltveränderungen. Ein neuer Kompass beim Blick auf die Veränderungsprozesse, sodass die Nachhaltigkeitswende zum kreativen und gestalterischen Projekt werden kann.

FORSCHEN FÜR KLIMA UND KREISLAUF

Der promovierte WirtschaftswissenschaftlerHolger Bergist Co-Leiter des Forschungsbereichs Digitale Transformation in der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut. Seine Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem Nachhaltigkeitsmanagement, Innovation und Unternehmertum sowie Ressourceneffizienz. Sein aktueller, selbst praktizierter Lieblingskreislauf ist der PET-Pfandflaschenkreislauf: „Es gibt kaum eine Lösung, die einen ähnlich sauberen und effizienten Recyclingstrom erzeugt“, sagt der Experte.

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